Die Philosophie des Hatha Yoga

Die Yoga Praxis beginnt häufig an dem Punkt, an dem der Mensch die Notwendigkeit verspürt, sein Leben neu zu strukturieren, es umzukrempeln und an dem er manche alten Gewohnheiten und Verhaltensmuster über Bord werfen oder wenigstens verändern möchte.
Wir möchten dem Leben mehr Qualität geben und wieder mehr Schönheit und Sinn in uns selbst finden. Die Dinge, die uns nicht gut tun, wollen wir loslassen und oder lernen gelassen mit diesen umzugehen.
In der Beschäftigung und dem Nachdenken über uns selbst, betreten wir den Pfad des Yoga. Diese ersten positiven Impulse im Geist helfen, dem weiteren Weg zu folgen. An dessen Anfang erlernen wir, uns selbst zu spüren und uns ein Erfolg versprechendes Fundament zu geben.

In den Übungen des Hatha Yoga (Körper – und Atemübungen des Yoga) erfahren wir als der „Yoga-Einsteiger“ die Grenzen in Bezug auf Flexibilität, Atemkontrolle und der Fähigkeit, die rasenden Gedanken zu beruhigen. Die Beschäftigung mit sich selbst ist eine wunderbare Herausforderung. Mit etwas Übung entwickelt sich ein erweitertes Körperbewusstsein und eine tiefe Ruhe des Gedankenflusses.

Durch regelmäßiges Üben gut aufeinander abgestimmter Asanas (Körperübungen) aktivieren wir das Prana (vitale Energie). So kann Energie in und durch alle Energiezentren unseres Körpers fließen.  Diese kräftigende Wirkung während, und vor allem nach einer jeden Yogastunde, setzt Energie frei. Man bekommt eine positive Grundeinstellung dem Leben gegenüber. Die Umstrukturierung der Verhaltensmuster und Gedankengewohnheiten (Samskaras) können so voran kommen. Dieser Vorgang ist als durchweg positiv zu betrachten und erfüllt uns mit neuer Lebensfreude.

Der Hatha Yoga der 3 Gunas

Nicht nur die Quantität und Beweglichkeit (freier Fluss) des Prana erhöht sich, auch die Qualität der Energie verändert sich beim Üben des Hatha Yoga.

Die drei grundlegenden Eigenschaften aller Energie und damit der gesamten Natur, bezeichnet man als die 3 Gunas: Tamas, Rajas, Sattva.
Alle drei Gunas sind immer präsent, wobei eines der Gunas temporär stärker ausgeprägt ist.

Tamas

Tamas, die Energie der Trägheit, der Schwere und der Dunkelheit ist es, die uns jede Nacht in den Schlaf gleiten lässt, wenn die anderen zwei Energien abgeschwächt sind.
Rajas, die Kraft der Bewegung und der Aktivität ist in der Natur und in unserem Leben immer dann dominant, wenn Neues entsteht, wenn wir uns zu neuen Taten, neuen Wünschen und Bewegung jeglicher Art hingezogen fühlen.
Sattva, die Energie der Reinheit, der Klarheit und des Lichts herrscht vor, wenn die Natur und somit auch wir, in der Ausgeglichenheit, der Ruhe und der daraus resultierenden Zufriedenheit sind.

Übertragen wir das System der 3 Gunas auf unsere Yogastunde wird klar, wie sich die Energie während den Yoga-Übungen weiter und weiter verfeinert. Bei den Asanas (Stellungen) unterscheiden wir zwischen den körperformenden und den meditativen Stellungen; das System der 3 Gunas wirkt jedoch in allen Asanas gleich.

Nehmen wir an, wir halten den Schulterstand (Sarvangasana) und halten die Stellung eine Minute. Was flüstert uns unser Geist ins Ohr? „Oh, das ist anstrengend, hier oben auf den Schultern. Vorhin das Liegen auf dem Rücken war irgendwie besser.“ Das ist die tamasige Energie, die in unserem Geist erwacht. Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten, entweder wir geben dem Tamas nach und legen uns hin oder wir widerstehen dieser Energie und halten die Stellung eine weitere Minute.

Das Tamas verstummt, aber eine neue Gedankenwelle erscheint im Geist: „So, jetzt habe ich eigentlich lange genug ruhig gehalten. Wie wäre es mit ein paar Variationen: Beine scheren, grätschen, halber Lotus, voller Schulterstand; Mal was Neues probieren, man möchte ja schließlich besser werden.“

Rajas

Hier übernimmt Rajas die Dominanz und fordert, ganz nach seiner Natur, Bewegung und Befriedigung von Wünschen. Wieder steht es uns offen, dieser Energie nachzugeben. Widerstehen wir aber auch ihr und halten die Asana weiterhin ruhig, verstummt das Rajas.

Sattva

Dem Geist bleibt nichts anderes übrig als sanft in die Energie des Sattva einzutauchen. Ruhe, Ausgeglichenheit, keine Wünsche und inneres Glück sind die Folge. An diesem Punkt möchte man die Stellung gar nicht mehr verlassen oder sich bewegen. Es entsteht das wunschlose Glücklich sein, die Qualität von Sattva. Lösen wir die Stellung nach einer Weile und gehen weiter in Matyasana (Fisch), beginnt der gleiche Vorgang der Verfeinerung der Energie aufs Neue.

Am Ende einer gut geführten Yogastunde haben wir nicht nur viel mehr Energie zur Verfügung, in unserem Körper ist Sattva dominant und wir erfahren den Unterschied zu vielen anderen körperlichen Bewegungen.
Als Hatha Yoga Praktizierende entwickeln wir die Fähigkeit im grenzenlosen Hier und Jetzt anzukommen und erfahren

„Sat-Chid-Ananda“… Sein-Wissen-Glückseligkeit